Vollzug des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) und der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV)

Aufforderung zur Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens über ihre Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen

 

Sehr geehrter Herr XX,

aus nachfolgenden Gründen ist die Feststellung Ihrer Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen erforderlich:

Sie sind Inhaber der Fahrerlaubnis der Klasse B sowie deren Unterklassen.

Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 FeV i.V.m. Anlage 4 zur FeV entsprechende Anwendung (§ 46 Abs. 3 Nr. 3 FeV). Nach Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur FeV führt regelmäßige Einnahme von Cannabis, nach Nr. 9.2.2 gelegentliche Einnahme von Cannabis bei fehlendem Trennvermögen von Konsum und Fahren zur Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen.

Am 25. April 2021 wurden Sie einer Verkehrskontrolle unterzogen. Sie waren Führer des PKW Audi A4 mit den polnischen Kennzeichen FZG-44840. Eine INPOL – Abfrage (Informationssystem der Polizei) ergab, dass Sie bereits wegen des Verstoßes gegen das BtmG bekannt waren. Ein daraufhin durchgeführter körperlicher Vortest ergab, dass dieser Auffälligkeiten (Lidflattern, deutlicher Tremor in den Extremitäten, eingeschränkte Pupillenreaktion, wässrig glänzende Augen, gerötete Bindehäute) aufwies. Ihnen wurde das Testergebnis erläutert und ein freiwilliger Drogenschnelltest zur Selbstentlastung angeboten. Diesem stimmten Sie zu. Der Test ergab ein positives Ergebnis auf THC. Das Testergebnis wurde Ihnen erläutert und über die Folgemaßnahmen belehrt. Da Sie nur teilweise deutsch sprachen, wurde die Blutprobenentnahme angeordnet und um 23:25 Uhr durchgeführt.

Die toxisch-chemische Untersuchung beim Institut für Rechtsmedizin in Greifswald ergab 5,7 ng/ml THC, 135,4 ng/ml Carboxy-THC und 4,1 ng/ml Hydroxy-THC. Die Ergebnisse sprechen für einen aktuellen Cannabiskonsum im engen zeitlichen Zusammenhang mit der Probenentnahme.

Grundsätzlich sind nach einem kurzfristigen Konsum von Cannabisprodukten psychische und physische Veränderungen sowie verkehrsmedizinische relevante Wirkungen und Nebenwirkungen anzunehmen, die mit großer Wahrscheinlichkeit zu einer Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit führen. Die durch den Cannabiskonsum hervorgerufene Wahrnehmungs- und Konzentrationsschwäche sowie die Beeinträchtigung von Motorik und Koordination sind nicht mit dem sicheren Führen eines Fahrzeuges vereinbar. Vor altern bei schwer überschaubaren Situationen werden infolge hoher Informationsdichte verlangsamte und inadäquate Reaktionen beobachtet. Die Verlagerung der Aufmerksamkeit auf unbedeutende Nebenreize kann auch bei unproblematischen Verkehrssituationen zu gravierenden Fahrfehlern führen.

Der festgestellte Wert des Wirkstoffs THC im Blut rechtfertigt Zweifel am Trennvermögen zwischen Cannabiskonsum und dem Führen eines Kraftfahrzeuges. Da der Wirkstoff THC nur über wenige Stunden im Blut nachweisbar ist, muss die Einnahme dieses Stoffes zeitlich relativ eng vor der Entnahme der Blutprobe ind damit dem Führen eines Kraftfahrzeugs im Straßenverkehr – gelegen haben.

Damit hat die Behörde Eignungszweifel im Hinblick auf Betäubungsmittel im Sinne des § 14 FeV aufzuklären.

Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV kann die Fahrerlaubnisbehörde ein medizinisch-psychologisches Fahreignungsgutachten vom Fahrerlaubnisinhaber fordern, wenn gelegentliche Einnahme von Cannabis vorliegt und weitere Tatsachen Zweifel an der Eignung begründen. Da bereits ein gelegentlicher Cannabiskonsum bei fehlendem Trennvermögen von Konsum und Fahren zur Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen führt, bestehen auf Grund Ihrer Verkehrsteilnahme unter Cannabiseinfluss erhebliche Bedenken an Ihrer Kraftfahreignung.

Sie nahmen am als Führer eines PKW unter Btm-Beeinflussung (Cannabis) am Straßenverkehr teil, womit Sie eine Beeinträchtigung Ihrer Kritik- und Steuerungsfähigkeit riskierten und sehr wahrscheinlich auch in Kauf nahmen.

Daher wird gemäß § 46 Abs. 3 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung angeordnet.

Folgende Fragen sind bei der Begutachtung zu klären:

1. ist insbesondere nicht zu erwarten, dass Herr X zukünftig ein Kraftfahrzeug unter Einfluss von Cannabis oder dessen Nachwirkungen führen wird und /oder hegen als Folge des Cannabiskonsums Beeinträchtigungen vor, die das sichere Führen eines Kraftfahrzeugs der Gruppe 1 (FE-Klasse B) in Frage stellen?

Sie werden aufgefordert, das Ergebnis der medizinisch-psychologischen Begutachtung bis zum 21. Mai 2022 beizubringen.

Hierzu ist mit beigefügter Erklärung innerhalb von 14 Tagen
mitzuteilen, bei welcher Untersuchungsstelle die Begutachtung erfolgen.

Es ist ferner zu erklären, ob Einverständnis besteht, die für die Begutachtung erforderlichen Verwaltungsvorgänge an den Gutachter zu übersenden. Sie haben das Recht, die zu übersendenden Untertagen einzusehen (§ 11 Abs. 6 FeV).

Da die medizinische Untersuchung zum Nachweis einer bestehenden Drogenabstinenz in der Regel neben Urinproben auch eine Haaranalyse umfasst, liegt es in Ihrem eigenen Interesse, Ihre Haare bis zum Untersuchungstag nicht mehr zu kürzen.

Es wird darauf hingewiesen, dass dem Gutachter nur solche Vorgänge übersandt werden, die im Hinblick auf die gestellten Fragen Aufschluss über den Betroffenen geben können, soweit die Vorgänge unter Beachtung der Verwertungsverbote für Taten und Verurteilungen sowie Entscheidungen nach dem Ordnungswidrigkeitenrecht bei der Begutachtung verwertet werden dürfen.

Sobald dem Gutachter die erforderlichen Unterlagen vorliegen, werden Ihnen in der Regel Ort und Zeit der Untersuchung mitgeteilt. Sollten Sie keinen Termin zugeschickt bekommen, wenden Sie sich bitte selbstständig an die Begutachtungsstelle, da Sie nicht sicher damit rechnen können, ohne Termin untersucht zu werden.

Die Kosten der Untersuchung sind von Ihnen als Verursacher zu tragen.

Gemäß § 11 Abs. 8 FeV wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Fahrerlaubnisbehörde bei ihrer Entscheidung auf Ihre Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen schließen darf, wenn Sie sich weigern, sich untersuchen zu lassen oder das geforderte Gutachten nicht fristgerecht beibringen. Dies hätte dann die ntziehung der Fahrerlaubnis zur Folge.

Hinweise:

Die Aufforderung zur Vortage eines Gutachtens stellt keinen Verwaltungsakt, sondern lediglich eine vorbereitende Verfahrenshandlung i. S. v. § 44a VwG0 dar, die nicht selbständig anfechtbar ist. Es ist nur die Einlegung eines Widerspruches gegen die Kostenfestsetzung möglich.

Mit freundlichen Grüßen
[gez.]

 

Anlagen:

1. Einverständniserklärung
2. Liste Begutachtungsstellen
3. Kostenbescheid

 

Empfehlung:

Polnisch sprechende Personen können den obigen Text ins Polnische übersetzt im Blog im Artikel lesen: Wezwanie do zrobieniu MPU po spożyciu konopi